Die Ofenleber

Vom Schmausen und Feiern

DIE OFENLEBER – SO, WIE SIE TONI KIRCHNER ZUBEREITET UND SELBST LIEBT –
EIGNET SICH PERFEKT FÜR DIE WEIHNACHTLICHEN FESTTAGE. AUCH, WEIL
SIE RELATIV RASCH ZUBEREITET IST. DOCH VOR ALLEM, WEIL SIE
SO HERZHAFT SCHMECKT.

Es gibt Gerichte, deren Duft schon Freude weckt, wenn die Nase noch weit entfernt ist von dem Ort, wo es „schmurgelt“. Die verlockenden und unsichtbaren Schwaden sind nicht zu halten. Sie dringen auch durch bestens abgedichtete Türen, gelangen in den Hausgang und bis zur Straße, wo sie wie Überbringer guter Nachrichten ein Lächeln auf die Gesichter zaubern. Bei jenen jedenfalls, denen sie als Wegweiser dienen dürfen, weil das Versprechen der Düfte bald erfüllt wird. Jene, die nicht zum Festessen eingeladen sind, müssen der Lust anders oder anderswo Herr werden. Pech gehabt.

Es wäre schon spannend, herauszufinden, was passiert, wenn der Duft einer Ofenleber die Nase erreicht und im Gehirn ein lustvolles Wohlbefinden auslöst, noch bevor Gabel oder Messer oder Gaumen ins Spiel kamen. Diese Vorfreude erreicht nicht nur den Mund, sondern vor allem das Herz, weil so eine Ofenleber nicht allein genossen werden will, sondern gemeinsam mit Freunden oder im Kreis der Familie. „Meine Oma hat die Ofenleber schon gemacht. Mein Papa liebt sie heiß und innig“, weiß Christiane Kirchner, Wirtin im Gasthof Rieder in Jenbach. Im Zillertal ist die Ofenleber ein traditionelles Hochzeitsessen, in der Silberregion ist sie nicht minder beliebt und weil das Gericht in anderen Gegenden des Landes unbekannt ist, kann davon ausgegangen werden, dass diese sehr spezielle Freude eine sehr regionale ist.

Kulinarische Glückseligkeit
Wer auch immer es erfunden hat: Das einfache und traditionelle Gericht eignet sich jedenfalls perfekt für ein Fest- und Feiertagsessen, das doppelt freundlich zu Köchin oder Koch ist. Wegen der kulinarischen Glückseligkeit danach. Und dem geringen Zeitaufwand zuvor. „Wenn man alle Zutaten beinander hat, geht es richtig schnell“, sagt Toni Kirchner, Wirt und Koch im Gasthof Rieder. Wenn Profiköche das behaupten, darf der gesunde Hobbykochverstand ruhig kurz zweifeln. In dem Fall sind die Zweifel jedoch Festtagsgerichte – und der Arbeitsaufwand steht in keiner Relation zum Effekt.

Wer Kartoffeln, Eier, Zwiebel, harte Semmeln, Knoblauch und Mehl zu Hause hat, muss eigentlich nur noch zum Metzger seines Vertrauens gehen und auf dem Weg einen Bund Petersilie besorgen. Und Majoran, sollte der nicht neben Salz und Pfeffer in der heimischen Gewürzlade stehen. „Vielleicht sollte man vorher anrufen, damit der Metzger auch sicher eine Schweinsleber, Herz, Lunge und ein Schweinsnetz hat“, rät Toni Kirchner diesbezüglich auf Nummer sicher zu gehen. All jene, die keine Faschiermaschine zu Hause haben, sollten den Meister darum bitten, Leber, Lunge, Herz und fettes Schweinefleisch zu faschieren. „Nicht auf der feinsten Stufe, es kann ruhig ein bissl grober sein“, sagt der Koch. Spätestens jetzt weiß der Metzger schon, dass es eine Ofenleber ist, die da geplant wird, und so weiß er, wie groß das Schweinenetz sein muss, und schneidet möglicherweise automatisch die dünnen Speckscheiben, mit denen die Ofenleber später sanft zugedeckt wird. Karree- oder Bauchspeck sollte es sein, sie dürfen auch gemischt werden.

Ein paar Handgriffe
Derart deftig ausgestattet und zu Hause angekommen sind nur noch ein paar Handgriffe nötig. Die große Zwiebel würfeln, die Semmel in warmes Wasser einweichen und fest ausdrücken, die Kartoffel reiben, die Petersilie hacken – das war’s. „Dann mischt man alles zusammen, gibt Mehl dazu und die Eier und würzt die Masse mit Salz, Pfeffer, Majoran und Knoblauch. Eine viereckige Form fetten, Netz rein, Masse rein, Speck drüber, Netz zua – und rein in den Ofen“, beschreibt Toni Kirchner die Prozedur so zackig wie trefflich.

Wer ihn bei seinem Genusshandwerk beobachtet, merkt schnell, dass er es nicht nur beherrscht, sondern sich beim Vorbereiten selbst schon auf die Ofenleber freut. „Die Ofenleber mach’ ich richtig gern. Wir haben sie nur auf der Tageskarte, weil sie ein Gericht ist, das am Tag, an dem man sie macht, richtig wunderbar schmeckt“, weiß er.

Wie und warum sich Herz und Lunge in seine Ofenleber „eingeschlichen“ haben, weiß er selbst nicht so genau. „Das habe ich so gelernt. Mein Vater hat es auch so gemacht“, lenkt Toni den Blick zurück und schaut gleichzeitig nach vorn. Zu seinem Sohn, dem fünften Anton Kirchner, der hier mit seinem Vater in der Küche steht und mit seinen 16 Jahren keinen Zweifel daran aufkommen lässt, dass er das Erbe der kochenden Kirchners im Gasthof Rieder – so nah am Inntal und doch so fern von jeglichem Trubel – fortsetzen wird. „Ich mache die Tourismusschule fertig, dann gehe ich heim und dann werde ich Chef“, schmunzelt er und meint auf die Frage, was er denn am liebsten kocht: „So was wie der Papa. Eher traditionell.“ Mama Christiane Kirchner muss selbst grinsen beim Gedanken daran, dass bei ihrem Sohn nie ein anderer Berufswunsch auftauchte und für ihn immer klar war, dass er Koch werden würde. Nicht irgendwo, sondern hier, in Fischl. „Dahoam“ eben.

Besser länger als zu kurz
Während sie so erzählen vom Gasthof und den Traditionen im Familienbetrieb, wird der Duft langsam betörend. „Die Ofenleber ist bei 180 Grad nach etwa einer Stunde fertig. Je höher die Form ist, desto länger braucht sie, und es ist immer besser, sie zehn Minuten länger drin zu lassen als zehn Minuten zu kurz“, weiß Toni. Wer auf Nummer sicher gehen will, kann das Bratenthermometer zu Hilfe nehmen und bei einer Kerntemperatur von 80 Grad Freunde oder Familie „erlösen“. Vielleicht ist es gelungen, sie vorher mit einem Tafelspitz- oder Schinkensülzchen ruhig zu halten. Weil die Ofenleber doch deftig ist, rät Toni Kirchner zu einer leichten Vorspeise. Die Ofenleber selbst begleitet er mit Petersilienkartoffeln und reicht eine Bratensoße dazu, die die umsichtige Köchin bzw. der umsichtige Koch nach dem letzten Bratengenuss zur Seite gestellt und im Wissen um die feierliche Ofenleber eingefroren hat. „Als Dessert eignet sich ein gefüllter Bratapfel mit Vanillesauce“, meint Toni Kirchner noch mit einem Gefühl für weihnachtliche Geschmacksfolgen. Beim Apfel angekommen sind die Feiertags- und Festtagsgäste nicht nur dankbar für das schöne Menü. Nein, sie senden auch ein kleines Stoßgebet in Richtung Himmel. Weil der verlockende Duft für sie ein Wegweiser war. Und sie zu den Glücklichen
zählen.

Ofenleber

ZUTATEN FÜR 6 PERSONEN:

  • 500 Gramm Schweinsleber
  • 150 Gramm Lunge und Herz vom Schwein
  • 150 Gramm fettes Faschiertes vom Schwein
  • 1 große Zwiebel
  • 2 Kartoffeln
  • 4 trockene Semmeln
  • 2 Eier
  • 3 EL Mehl
  • 1 Schweinenetz (dem Metzger sagen, wofür)
  • 20 Scheiben Karree- oder Bauchspeck (oder gemischt)
  • 3–4 Knoblauchzehen (je nach Geschmack)
  • 1 Bund Petersilie
  • Salz, Pfeffer, Majoran

ZUBEREITUNG
Leber Lunge und Herz faschieren, Zwiebel hacken, Kartoffeln reiben, Petersilie hacken, die Semmel in warmem Wasser einweichen und gut ausdrücken. Dann das faschierte Fleisch (auch das fette Schweinsfaschierte) mit den Zutaten vermischen, die Eier dazu, das Mehl hinein, den Knoblauch pressen, alles würzen und gut kneten.

Die ofenfeste Kastenform mit dem Schweinsnetz auslegen und die Masse einfüllen, die dann mit den Speckstreifen abgedeckt und mit dem Schweinsnetz „geschlossen“ wird. Im vorgeheizten Backofen bei 180 Grad knapp eine Stunde backen bzw. schmoren lassen. Ein paar Minuten mehr schaden nicht; ein paar Minuten zu wenig aber schon. Bei einer Kerntemperatur von 80 Grad ist die Ofenleber fertig.

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